Worauf beruht unsere Lesekompetenz?

Wissen Sie, worauf Ihre Lese- und Rechtschreibkompetenz beruht?

Nun, jedenfalls nicht nur darauf, dass Ihnen klar ist, wie im Deutschen Laute und Buchstaben einander zugeordnet sind. Damit allein hätten Sie schon die Überschrift auf der Vorderseite nicht lesen können. Sie konnten es aber. Jetzt versuchen Sie es doch einmal mit dem folgenden kleinen Text:

Interessante Studie
Geämß enier Sdiute enier Uvenirtisät in Elangnd ist es nchit wiitchg, in weechlr Renfoleihge die Babstchuen eiens Wtores seehtn. Wiitchg ist nur, dssa der estre und der lttzee Bubchstae an der rtigichen Sellte snid. Der Rset knan ein tatoler Böildsnn sein, tretzdom kennön wir ihn lseen.

Das ist so, wiel wir nchit die eilenzen Babstchuen leesn, sendron die Wröetr im Gnaezn.

Ehct karss. Das fnkotuieirt wkriilch.

Leider ist diese originelle Gedankenführung nicht vollkommen richtig, sondern nur fast. Was in ihr noch fehlt, ist der Begriff „Bedeutungsträger“. Schrift ist nicht erfunden worden, um Laute zu bezeichnen, sondern um Bedeutungen sichtbar und lesbar zu machen. Die Wörter unserer Sprache bestehen aus bedeutungstragenden und bedeutungsverändernden
Elementen, lateinisch: Morphemen.
Bedeutungstragende Elemente sind einfache Substantive (Mond, Katze …), Wortstämme (/fahr/, /roll/ …) Pronomen (ich, du…), Präpositionen (mit, nach …), Konjunktionen (und, oder…), Adverbien (heute, oben …) und Artikel (der, die, das …)
Bedeutungsverändernde Elemente sind Vorsilben (/ver/, /un/, /ent/ …) und Endungen (/heit/, /keit/, /lich/ …), lateinisch: Präfix und Suffixe

Bestehen Wörter aus mehr als zwei bedeutungstragenden Elementen, können wir sie aus einem Buchstabensalat heraus nicht mehr lesen, weil die für unser Lesevermögen entscheidenden Ordnungseinheiten – die bedeutungstragenden Elemente – nicht mehr ausfindig zu machen sind. Schreibungen wie

Araattttubäothuse oder Slltshheeanalnebßrttae oder Helbielalpsdnar

können Sie nicht lesen, obwohl die ersten und die letzten Buchstaben dieser Wörter sich an der richtigen Stelle befinden.
Erst wenn die ersten und die letzten Buchstaben der Bedeutungsträger an der richtigen Stelle stehen, werden die Wörter für uns lesbar:

Atuobhanrsatstttäe Sßartenbhanhltaesllete Hnadblalslepier

Die inneren Bilder, welche Sie von den Bedeutungsträgern besitzen, sind so stark, dass sie die auf dem Papier durcheinander gewürfelten Buchstaben für Ihr geistiges Auge in die richtige Reihenfolge zwingen, sodass Sie diese lesen, d. h. deren Bedeutung verstehen können. Anhand der beiden Zeilen mit ihren je drei Buchstabenreihen können Sie sich davon überzeugen, in welch hohem Maße Ihre Lesekompetenz auf Ihrer Morphemkompetenz beruht, auch wenn Sie das Wort „Morphem“ noch nie in Ihrem Leben gehört haben.

Mit Ihrer Rechtschreibkompetenz verhält es sich haargenau so: Sie schreiben

wir ihr und Tier ebenso wie Tal Zahl und Saal

mit den eigens für diese Wörter vorgesehenen ganz unterschiedlichen Buchstaben, obwohl die Wörter dieser beiden Dreiergruppen außer im Anlaut völlig gleich ausgesprochen werden. Niemals ziehen sie auch nur in Erwägung

wihr ier und Tir zu schreiben oder Taal Zal und Sahl

was rein akustisch genauso möglich und richtig wäre. Sie schreiben auch

Stein heute Geld Chor und Fuchs und nicht etwa Schtain hoite Gält Kor unt Fuks

was rein akustisch viel näherliegend wäre und wozu Kinder durch den didaktischen Grundsatz des „Schreibe, wie du sprichst!“ verführt und – wenn er nach der 1. Klasse weiterpraktiziert wird – genau in der Rechtschreibstrategie von Legasthenikern unterrichtet werden. Dass Sie diese und zahllose andere Wörter richtig schreiben, liegt daran, dass Sie sich beim Schreiben nicht nur an den Lauten der Wörter, sondern darüber hinaus ganz wesentlich an den Bedeutungselementen der Wörter und deren Schriftbild orientieren. Sie haben sich die Bilder der bedeutungstragenden Elemente unserer Sprache eingeprägt und wohlgeordnet abgespeichert. Wie, dass können Sie auf der Rückseite dieses Faltblatts sehen anhand der 600 häufigsten bedeutungstragenden Elemente unserer Sprache, welche besonderer Übung bedürfen, weil sie nicht einfach nach Gehör geschrieben werden können. Die dort aufgeführten Morpheme sind zum einen nach ihrer orthographischen Gemeinsamkeit in 130 Lerneinheiten,
zum anderen nach der Häufigkeit ihres Auftretens in umgangssprachlichen Texten geordnet. Die in Klammern stehende Zahl gibt an, wie oft das betreffende Bedeutungselement in 10.000 Wörtern Text auftritt. Alle Wörter und Wortstämme des vom Thüringer Kultusministerium empfohlenen Übungswortschatzes für die Primarstufe, welche besonderer Übungen bedürfen, sind ausnahmslos darin verzeichnet.

 

Wer diese 600 Schreibweisen im Rahmen ihrer 130 orthographischen Lerneinheiten beherrscht, hat es geschafft – er ist ein sicherer Schreiber und guter Leser.

Er denkt nicht mehr allein in Silben und deren Lauten und schreibt folglich nicht mehr:

Fer-keu-fer-rin, Schiz-rich-ter oder Frü-schdüg

Er denkt in Morphemen und deren Wortbildern und schreibt daher:

Ver/käuf/er/in, Schied/s/richt/er und Früh/stück

Im ILR haben wir für eine jede einzelne dieser 130 Lerneinheiten jeweils mehrere altersgemäße Texte und Einsetzübungen entwickelt. Diese Übungen bilden ein. Auf der Rückseite sehen Sie, wie wir eine dieser 130 Lerneinheiten für Schüler der 3. und 4. Klasse zum Üben aufbereitet haben. Natürlich haben wir dies mit allen 130 Lerneinheiten altersgemäß auch für Schüler höherer Klassenstufen vorgenommen. Sie werden ergänzt durch Übungen zur Groß- und Kleinschreibung sowie unsere Lernsoftware „Wörter werden zu Vertrauten“, die über 400 solcher Texte und mehr als 2.000 Übungen enthält.

Fernschüler unterrichten wir seit 2006 mit sehr gutem Erfolg. Sie erhalten monatlich 12 vierseitige Übungen und vierteljährlich einen Test. Davon ausgehend stellen wir die Übungen für die nächsten Monate zusammen. Die Schüler trainieren so dreimal pro Woche ca. 20 Minuten. Das ist die optimale Zeiteinheit zur Aneignung einer orthographischen Lerneinheit. Die Vertragsdauer beträgt ein Jahr. Der Vertrag ist offen und jederzeit kündbar.