Didaktische Prinzipien

Ausgehend von dem didaktischen Grundprinzip, Rechtschreibung gemäß der orthographischen Ordnung der Morpheme zu lehren, ergeben sich sieben davon abgeleitete didaktische Prinzipien:

1. rechtschreibverwandte Wörter lehren

Es werden Wörter mit gleichen orthographischen Phänomenen geübt. Zusammen mit dem Wort voll werden Wörter wie toll, rollen, wollen, sollen, Stollen usw. geübt.

2. bedeutungsverwandte Wörter lehren
Es wird mit den Wortfamilien gearbeitet. Zusammen mit dem Wort rollen werden Wörter wir Roller, Rolltreppe, weggerollt usw. geübt.

3. Ähnlichkeitshemmung vermeiden
An dem Tag, an dem sich Schüler mit dem Wortstamm /roll/ sowie mit den Wortstämmen /woll/, /soll/ und /voll/ beschäftigten, wird bewusst vermieden, auf Wortstämme mit ähnlichem Klang und ähnlicher (aber eben doch unterschiedlicher!) Schreibweise einzugehen, wie z. B. die Wortstämme /hol/ im Wort holen und /hohl/ im Wort Hohlraum. Im Jahre 1902 entdeckte der Kinderpsychologe Paul Ranschburg (1870 – 1945) das später nach ihm benannte „Gesetz der homogenen Hemmung“. Es besagt, dass beim Lernen sich ähnliche Inhalte vermischen und überlagern, wodurch Störungen entstehen, die den Lernvorgang und das spätere Erinnern hemmen. Er empfahl, dass solche Inhalte getrennt und mit zeitlichem Abstand vermittelt werden sollen. Heute aber, ein Jahrhundert später, geht es in vielen Schulbuchverlagen und in vielen Schulen zu, als hätte Ranschburg nie gelebt und gearbeitet, als wäre diese elementare Tatsache der Lernpsychologie nie entdeckt und nie bekannt gemacht worden: Immer wieder werden „Übungen“ zur Unterscheidung von Wörtern mit k oder ck, d oder t, g oder k, ig oder lich, s, ss oder ß usw. praktiziert. Mit dieser primitiven Entweder-oder-Didaktik – mit dem gleichzeitigen Lehren ähnlich gesprochener, aber unterschiedlich geschriebener Wörter – wird die Ähnlichkeitshemmung aufgebaut, die Schüler für den Rest ihres gesamten Lebens orthographisch verunsichern kann.

4. Rechtschreibfehler durch Silbensprechen vermeiden
Kein Lehrer kann einem Schüler lehren, wie man die Silben „ho“ bzw. „hoh“ oder die Silben „Le“ bzw. „Leh“ schreibt, weil sie in Wörtern wie ich ho – le Brot oder das Le – se – buch anders geschrieben werden als in Wörtern wie der hoh – le Zahn oder die Leh – re – rin.

Darüber hinaus ist es eine Sache völliger Beliebigkeit, ob man einen Konsonanten, der zwischen zwei Vokalen steht, beim Silbensprechen einfach oder doppelt ausspricht. Folglich schreiben Kinder infolge des Silbensprechens Wörter wie fallen und holen oft als fa-len und hol-len oder Lehrerin als Lehr-rer-rinn. Der Einwand, die Kinder könnten ja bedenken, dass es nach langgesprochenen oder unbetonten Vokalen keine Konsonantenverdopplung geben kann, ist zynisch. Denn es ist gerade das bewusst langsame und verzögerte Aussprechen der Wörter in Silben, wodurch Kinder häufig die Vokale überdehnen und dadurch Wörter, die sie als Vorschulkinder stets völlig korrekt ausgesprochen hatten, nunmehr verzerren. Infolge dessen schreiben sie dann treuherzig Spiene und Kahne statt Spinne und Kanne. Es ist gerade das Silbensprechen, welches Kindern das sichere Unterscheiden zwischen kurz- oder langgesprochenen sowie zwischen betonten oder unbetonten Vokalen erschwert.

5. individuelle Schwierigkeiten berücksichtigen
Jeder Schüler braucht sich nur mit denjenigen Lerneinheiten zu beschäftigen, die er noch nicht beherrscht, dies aber so lange, bis er sie beherrscht.

6. Motivation durch Erfolge aufbauen
Indem beim Bearbeiten der Übungen kaum Fehler unterlaufen können, kann viel Lob gespendet werden.

7. Ministerielle Vorgaben beachten
Alle Wörter und Wortstämme des vom Thüringer Kultusministerium empfohlenen Übungswortschatzes für die Primarstufe, welche besonderer Übungen bedürfen, sind ausnahmslos auf den drei Seiten 5 bis 8 verzeichnet und in unseren Materialien zum Üben aufbereitet.